Von am 29. März 2014

23.2. 1945

Nach der schweren Bombardierung Schaff-Haufens vom I.April 1944 und dem Bombenabwurf auf Thahngen am vergangenen Weihnachtstag ist unser Kantonsgebiet gestern Donnerstag zum drittenmal vom Luftkrieg schwer heimgesucht worden. Wiederum sind infolge der mangelnden geographischen Kenntnisse amerikanischer Flieger eine Anzahl Opfer zu beklagen und ist großer Schaden angerichtet worden. Besonders die Bevölkerung von Stein am Rhein hat schreckliche Augenblicke durchleben müssen, und in manche Familie ist schweres Leid eingekehrt.

PDF DownloadSchaffhauser Nachrichten – Ausgabe vom 23.02.1945

Kurz vor 11 Uhr wurde in Schaffhausen Alarm gegeben, der bis 11.50 Uhr dauerte. Während dieser Zeit wurden zahlreiche Staffeln schwerer Bomber beobachtet, die von Basel her kommend, bei teilweise bedecktem Himmel und dunstigem Wetter im Norden von Schasfhaufen in nordöstlicher Richtung dahinflogen. Augenzeugen vom Randen berichten, insgesamt 12 0 0 bis1400Flugzeuge gezählt zu haben. Um 12.20 Uhr wurde neuerdings Alarm gegeben, worauf ein Teil der Flugzeuge einzeln und in Geschwadern zurückkamen und teilweise direkt in südlicher Richtung in die Schweiz einflogen. Während mehr als einer Stunde dauerten die Ueberfliegungen und das Motorengebrumm an. Aus verschiedenen Richtungen vernahm man das Schießen der Flab und zahlreiche schwere Detonationen, von denen sogleich feststand, daß sie nicht nur aus der deutschen Nachbarschaft stammten. Diese Detonationen waren zum Teil so schwer, daß die Häuser erschüttert wurden und Fenster und Türen minutenlang bebten und klirrten. Infolge Störungen im Telephonverkehr war es zunächst schwer, sich über die Vorfälle auf Schweizerboden ein Bild zu machen.

Um 18 Uhr fand eine Pressekonferenz statt, an der Regierungspräsident Dr. Brühlmann und die Regierungsräte Dr. Schoch und Lieb über die Bombardierungen orientierten. In Stein am Rhein erfolgte der Bombenabwurf um 12,35 Uhr durch ein einzelnes, von Nordnordosten her kommendes Flugzeug. Es wurden nur Sprengbomben abgeworfen, die, nach den Kratern zu schließen, ungefähr ein Gewicht von 250 Kilo hatten. Vor- und nachher wurde das Städtchen unbehelligt von größeren Geschwadern überflogen. Verschiedene Einschläge erfolgten im Städtchen selber und richteten schweren Schaden an, andere bei der Schifflände und am Rhein-qnai. Vier Wohnhäuser wurden total zerstört und zahlreiche andere schwer beschädigt. Durch den Luftdruck haben Fenster und Dächer im ganzen Städtchen großen Schaden erlitten. Eine Anzahl Bomben ist in den Rhein gefallen, wobei der Mischbestand stark in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Der Luftangriff auf Stein am Rhein hatte leider acht Todesopfer zur Folge, nämlich das Mädchen Leni Fahrni, die Knaben Karl Fehr und Werner Vetterli, Frau Vetter Leibacher, deren. Tochter Elisabeth Vetter, Frau Wwe. Störchlin und Frau Frei. Im Kantonsspital Schaffhausen ist inzwischen Fran Fahrni gestorben, die Mutter des eingangs erwähnten Mädchens. Ein weiteres Töchterchen von Frau Fahrni, Helene Fahrni, wird vermißt. Verletzt wurden insgesamt 28Per fönen, 16 Personen mußten in den Kantonsspital Schaffhausen eingeliefert, 12 konnten nach Hause entlassen werden. Sieben Personen wurden schwer verletzt, davon schweben vier zwischen Leben und Tod.

Unmittelbar nach der Bombardierung nahmen Luftschutz, Ortswehr. Feuerwehr und Militär die Rettungsarbeiten auf, die mit Umsicht geleitet wurden. Für die Obd a ch l o s e n ist gesorgt. Ein Teil von ihnen fand bei Verwandten und Bekannten Unterkunft, für die andern wurde die Turnhalle als Notunterkunft eingerichtet. Es muß damit gerechnet werden, daß mindestens 15—20 Haushaltungen obdachlos wurden. Für die Verpflegung der Ausgebombten wird ebenfalls gesorgt. Die Gemeinde Stein hat für die Aufräumungsarbeiten ein Gesuch um Entsendung einer Arbeitskompagnie an die zuständige Stelle gerichtet.

Um die Mittagszeit fand über Lohn ein Luftkampf statt, wobei mit Bordwaffen geschossen wurde. Auch einige Häuser erhielten Treffer von Bordwaffen, doch kam glücklicherweise niemand zu Schaden. Ebenso wurde ein schweizerischer Fliegerbeobachtungsposten auf dem Reiath beschossen, wobei Späher Bührer leicht verletzt wurde.

Kurz nach Stein am Rhein wurde auch Neuhausen am Rheinfall bombardiert. Die Gemeinde hatte jedoch Glück im Unglück, indem die meisten der abgeworfenen Bomben in den Wald fielen. Eine der Bomben schlug unmittelbar neben einem älteren S e ch s f a m i l i e nh au s an der Sägereistraße ein und riß dessen eine Seitenwand weg. Ein Mädchen, das in nächster Nähe des Einschlages Wäsche aufhängte, wurde umgeworfen und über und über mit Erde bespritzt, kam aber wie durch ein Wunder mit dem Schrecken davon. Von den Bewohnern des Hauses, das dann gegen Abend zusammenstürzte, erlitten zwei Personen Verletzungen. Von Schaffhausen mußte keine Hilfe angefordert werden, da Polizei und Luftschutz die nötigen Vorkehrungen getroffen hatten.

In der Zeit von 12.35 bis 12.40 Uhr wurden zwischen Enge und Beringen 6—7 Bomben auf freiesGeländeabgeworfen, östlich vom Bahntrasse der deutschen Reichsbahn. Glücklicherweise war der von Schaffhausen abgegangene, mit entlassenen Soldaten stark besetzte Zug bereits in Neunkirch, als die Bombenabwürfe erfolgten. In Neunkirch wurde der 13.24 Uhr Richtung Schaffhausen fahrende Personenzug von 6 Jägern mit Bordwaffen beschossen. Der Zug wurde sofort angehalten, worauf die meisten Passagiere die Wagen verließen und Deckung suchten. Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Dagegen wurde die Lokomotive von verschiedenen Treffern komplett durchlöchert. Nach zwei Stunden war eine Hilfsmaschine zur Stelle, die den Zug nach Schasfhaufen beförderte.

In Rafz schlugen in der Nähe der Kirche 6—7 Bomben ein. Durch einen Volltreffer wurde ein Einfamilienhaus zerstört und sämtliche Bewohner getötet, nämlich die ganze Familie Sigerist – Schweizer, Organist, bestehend aus Vater, Mutter und fünf Kindern. Auch eine auf Besuch weilende Schwester der Mutter kam ums Leben.

Ueber die Bombardierungen in der deutschen Nachbarschaft verlautet, daß vor allem Singen schwer bombardiert wurde. Der Bahnhof soll weitgehend zerstört sein. Weitere schwere Bombardierungen erfolgten entlang der strategischen Bahn von Waldshut nach Donaueschingen und Immendingen.


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